In der Mitte des Dorfes ist ein großer Brunnen. Im Sommer kann man hier wunderbar sitzen, dem Geplätscher des Wassers lauschen und die Sonne genießen.

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Mein Blick wanderte deutlich misstrauisch in der Gegend umher, als ich über den gepflasterten Weg entlang schritt und im Licht der Sonne sah, wie das Wasser des Brunnens in alle Richtungen hin glitzernd und friedlich plätschernd vor sich hin floss. Es waren um diese Uhrzeit nicht sehr viele Leute unterwegs, weshalb ich durch die ruhigen, leisen Geräusche meiner Umgebung hindurch ganz genau hören konnte, wie in diesem Ding in der Mitte des Platzes sein Inhalt über den Rand auf den Boden schwappte und mich durch die Reflektionen schon beinahe blendete, wenn ich nur versuchte, hinzusehen. Es sah perfekt aus, mehr als perfekt, eigentlich schon beinahe wie aus einem Bilderbuch. Einem verdammten, beschissenen Bilderbuch. Ich konnte diesen Ort nicht ausstehen, auch wenn ich Wasser eigentlich mochte. Ziemlich gerne sogar, immerhin schwamm ich beinahe täglich, doch irgendwie störte mich dieser scheiß Brunnen einfach unglaublich.
Ich seufzte und versuchte wieder, mit leicht zusammengekniffenen Augen hinzusehen, während ich weiter darauf zuschritt und mich ernsthaft fragte, wer dieses Dorf eigentlich gebaut hatte. Es sah zu gut aus. Eben halt so, wie man es sich vorstellte und das konnte ich beim besten Willen nicht leiden, auch wenn ich nun einmal nicht sagen konnte wieso. Es war einfach alles da, was mich einfach nur zum kotzen brachte. Alte Häuser, rissiger Pflasterstein, hier und da ein paar Bäume, schöne Geschäfte ... Vermutlich war es für meinen Geschmack einfach nur ... zu friedlich. Oder meine heute extrem stark vorhandene Abneigung gegenüber allem und jedem war Schuld daran, dass ich auch nun meine Umgebung nicht haben konnte, ohne ein äußerst düsteres Gesicht zu ziehen. Immerhin hatte ich schon den ganzen Tag schlechte Laune, eigentlich seit ich aufgestanden war, was im Endeffekt auch zwangsläufig dazu geführt hatte, dass ich mich gleich am Morgen einfach aus der Schule verdrückt und in die Stadt gelaufen war. Ich hatte nicht einmal etwas gegessen, so eingeschnappt war ich gewesen.
Ich seufzte einmal leise und drehte mich mit einem letzten, anklagenden Blick in Richtung des Brunnens herum, um den Weg anzustarren, den ich gekommen war. Mittlerweile stand ich etwa in der Mitte des Platzes und war dabei meinen MP3-Player aus meiner Tasche zu kramen, um ein wenig Musik zu hören. Musik beruhigte. Vor allem Beethoven, zumindest war das bei mir so. Vorsichtig fummelte ich also das Kabel meiner Stöpsel-förmigen Kopfhörer auseinander und machte mich dann daran, das Gerät einzuschalten. Was aber leider nicht so einfach war, da das Ding schon seit langem nicht mehr richtig funktionierte und sich bereits ein großer Riss auf dem Display abzeichnete.
Erneut ertönte ein seufzen meinerseits und ehe ich mich versah, begannen fast schon automatisch einige leise Flüche meine Lippen zu verlassen und nach ein paar Sekunden hämmerte ich bereits so stark auf die Tasten des alten Gerätes, dass man meinen könnte, dass ich kurz davor war, es auf den Boden zu schmeißen und darauf herumzutrampeln. Es war offiziell: Der heutige Tag war der beschissenste seit Langem.

Sicherlich fiel mir der Junge, der nach einer Weile mit seinem Skateboard auf den Platz fuhr auf. Immerhin veranstaltete er dabei mehr als genug Lärm und um den Brunnen herum war ja sowieso alles wie ausgestorben um diese Uhrzeit. Ich dachte allerdings nicht wirklich daran, ihn zu beachten. Ich sah ihn nicht einmal richtig an und kam auf absolut nicht auf den Gedanken, dass ich ihn kennen könnte. Oder schon einmal gesehen haben könnte. Ich war zu gereizt, da mein MP3-Player immer noch keine Reaktionen auf mein wütendes Hämmern zeigte und ich mittlerweile sogar dazu übergegangen war, in gerader Linie auf und ab zu gehen, bis sich endlich so etwas wie eine Reaktion zeigte und das Teil wieder funktionierte.
Aber scheinbar war das ein noch größerer Fehler. Ein deutlich größerer Fehler, denn schon nach nicht einmal einer Minute sah ich von der Seite etwas auf mich zusausen und wollte gerade etwas sagen, ausweichen oder sonst etwas tun, um mich aus der Schusslinie zu ziehen, als mich ein harter Schlag in die Seite traf und das nächste, was ich mitbekam war, wie mein Kopf unter Wasser gedrückt wurde.
Vor lauter Schreck über diesen plötzlichen Zusammenstoß vergas ich sogar für einen Moment, dass man ohne Luft nicht atmen konnte, und tauchte schließlich hustend und klitschnass aus dem Brunnen wieder auf und sah mich deutlich wütend nach dem Übeltäter um, der meine ohnehin schon miese Laune jetzt gerade an einen neuen, bisher nie da gewesenen Tiefpunkt gekickt hatte.
Ich wollte bereits anfangen loszuschreien und ignorieren, dass er begonnen hatte, sich bei mir zu entschuldigen, als ich innehielt und bemerkte, dass ich nicht mehr in der Sonne saß. Immerhin hatte das verdammte Mistteil eben noch so penetrant auf den Brunnen geschienen, dass ich nicht einmal mehr hatte hingucken können. Ich blinzelte kurz und richtete meinen Blick kurz etwas nach oben und stockte urplötzlich, als ich merkte, dass die Sonne nicht einmal verschwunden war, sondern der Kerl, der nun vor mir stand lediglich so unglaublich riesig war, dass er den Teil am Himmel, der für mich davon sichtbar war, vollkommen verdeckte. Sicherlich, es war normal für mich, dass Männer meistens größer waren als Frauen, aber dieser hier war nicht einfach nur groß, so wie mir das normaler Weise unterkam sondern regelrecht riesig. Mindestens zwei Köpfe größer als ich, wenn nicht noch viel mehr.
Ich knirschte für einen Augenblick etwas geknickt über diese Tatsache mit den Zähnen, bemerkte dann aber, dass ich meinen MP3-Player immer noch in der Hand hielt. Und meine Kopfhörer. In einem Brunnen. Voller Wasser. Augenblicklich sprang ich auf, ohne die Hand des Riesen weiter zu beachten und versuchte fluchend, das Teil irgendwie in Gang zu bringen, ohne wirklich darauf zu achten, dass bereits Wasser aus seinen Einzelteilen heraus tropfte. Erst nach Sekunden verzweifelter Versuche wandte sich mein Kopf ruckartig zu dem Kerl herum, der mich in diese missliche Lage gebracht hatte und meine Verwunderung über seine Größe war komplett vergessen.
"WARM?! Was hilft es mir, dass es WARM ist, wenn das Scheißteil hier jetzt vollkommen im Arsch ist? Hast du eine Ahnung, wie lange ich darauf gespart habe? Und dabei funktioniert es nicht einmal mehr richtig!" Ohne wirklich darüber nachzudenken, dass ich von Kopf bis Fuß vollkommen nass war und immer noch in dem Brunnen stand hatte ich angefangen, ihn anzumeckern und hielt ihm nun anklagend meinen MP3-Player vor die Nase (sofern ich mit meinen Armen überhaupt zu seinem Gesicht hochreichen konnte) "Kannst du mir sagen, was ich jetzt damit machen soll?! Das Teil hier ist das absolut Einzige, durch dass diese verdammte Schule noch einigermaßen erträglich ist!" Mein Tonfall und auch meine Lautstärke hatten sich zu keinem Teil geändert und es war eigentlich ein Wunder, dass ich ihn noch nicht längst mit irgendwelchen wüsten Beschimpfungen überflutet hatte. Das wäre nämlich vermutlich der nächste Teil meiner nicht ganz so seriösen Ansprache gewesen, wenn ich nicht im nächsten Moment bemerkt hätte, wie ein leichter Windstoß an mir vorbeizog und ich Augenblick begann zu zittern. Warm. Von wegen warm. Ich zog meinen Kopf etwas ein und wandte mit einem angenervten Zischen den Kopf etwas von ihm ab, um mich darauf zu konzentrieren, nicht mit den Zähnen zu klappern. Das wäre nämlich sicherlich das Letzte, was in meinen Zorn untermalen würde.

Ich sah ihn immer noch ziemlich entrüstet an, als er zu sprechen begann und war mir eigentlich sicher, dass ich in meiner Rage absolut nicht zu besänftigen seien würde. Immerhin hatte ich alles Recht dazu, mich aufzuregen, da ich nicht nur von Kopf bis Fuß nass war, sondern auch bein heißgeliebter MP3-Player vollkommen im Arsch war. Da durfte ich ihn immerhin anschnauzen so viel ich wollte. Ich wollte ihn also eigentlich direkt wieder unterbrechen und ihm klar machen, dass ich mir von einem übergroßen, nervigen Riesen absolut nichts sagen lassen würde, als ich stocken musste und auf seine Worte hin stutzte. hatte er gerade gesagt, dass er mir einen neuen Player kaufen würde? Nein. Nein, bestimmt nicht, ich hatte mich verhört. Oder doch nicht, ich überlegte eine Weile und bemerkte überhaupt nicht, dass ich vor lauter Verwirrtheit vergessen hatte, ihn finster anzustarren. Stattdessen machte ich wohl eher den bildlichen eindruck eines begossenen Pudels, der nicht wusste, wie er mit der Welt zurecht kommen sollte.
Ich kam erst wieder einigermaßen zu mir, als ich mitbekam, wie er seine Worte wiederholte und hastig meinen Mund schloss, der sich durch das Staunen hindurch wohl geöffnet hatte. "D-denk ja nicht, dass du dadurch alles wieder gut machst!" Brachte ich dann schließlich nach einer Weile nicht ganz so böse wie eigentlich beabsichtigt heraus und schlag meine Arme zitternd um meinen Körper, da mir nun doch wirklich kalt wurde. "Ich nehme auch sicherlich keine Almosen an! Ich mache das nur, w-weil ... du mir das sowieso schuldig bist!" Ich machte mich daran, irgendwie aus dem Brunnen herauszuklettern und den Teil meiner Kleidung auszuwringen, der noch zu retten war. Ich hatte Glück, dass ich es mir heute morgen gespart hatte, die Schuluniform anzuziehen, da ich mit dem Rock jetzt sicherlich noch beschissener dran wäre, als ohnehin schon. Immerhin war ich von oben bis unten nass und da bot sich eine Hose doch besser an, als so ein Teil, dass einem nicht einmal bis zu den Knien reichte. Es hatte schon seinen Grund, dass ich die Teile nicht leiden konnte.
Ein paar Male fluchte ich noch leise und steckte dann wieder den kaputten MP3-Player ein, sowie ich die Kopfhörer aufwickelte und ebenfalls in meine Tasche schob. Aus den Augenwinkeln heraus musterte ich derweil die ganze Zeit über deutlich misstrauisch den riesigen Kerl, der sich nun als Kaito vorstellte. Doofer Name. Schoss mir auf jeden Fall sofort durch den Kopf, auch wenn ich noch nie jemandem begegnet war, der so hieß. Aber egal, er hatte mich ins Wasser geworfen und meine Sachen kaputt gemacht, also konnte sein Name, ja auch gleich beschissen sein. Dafür brauchte ich keinen Grund!
"Ich bin Chizu." brummte ich dann nach einer Weile, in der ich mein bestes gab damit aufzuhören, vor mich hin zu tropfen und verschränkte meine Arme fröstelnd vor meinem Körper. Ansehen tat ich ihn nun wieder recht direkt, wenn auch immer noch so finster wie möglich. Immerhin konnte ich jetzt, nachdem ich ihn angeschnauzt hatte nicht nett sein. Das wäre unlogisch und ich war sowieso kein freundlicher Mensch.